»Ich ziehe die Notbremse, bevor ich das Label an die Wand fahre« // Samy Deluxe im Interview

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Samy Deluxe hat es sich in seinem Hotelzimmer mit Duftkerzen ­rudimentär gemütlich gemacht, aus dem Macbook-Lautsprecher tönt leise das letzte Mixtape von Drake. Der Hamburger wirkt in sich ruhend und zufrieden, auch wenn der Anlass unseres Treffens nicht ausschließlich positiv ist: Der Baus hat es dem Bozz gleich getan und die Schließung seines ­Labels Deluxe Records bekannt gegeben, als letzte Veröffentlichung erscheint dort im ­Dezember sein Mixtape “Der letzte Tanz”. Ein Gespräch über missverstandene Hitler-Lines, angebliche ­Sellout-Moves und einen unfickbaren Seniorenstatus im deutschen HipHop.

Wann ist in dir der Entschluss gereift, dein Label zu schließen?
Ich habe in diesem Jahr viel darüber nachgedacht, was eigentlich damals der Hintergedanke bei der Labelgründung war. Ich war 2003, als ich das erste Mixtape veröffentlichte, auf dem Höhepunkt meiner kommerziellen Karriere und habe bewusst einen Schritt zurück gemacht, weil ich so viel Liebe für diese Szene hatte. Ich hatte einfach Bock, diese Mixtapes zu machen und Leute wie die Headliners rauszubringen. Wenn ich mir jetzt aber anschaue, wohin sich meine Karriere und die ganze Szene mittlerweile entwickelt hat, dann passt das einfach nicht mehr zusammen. Wir haben mit Deluxe ja viel erreicht: Wir haben sehr gute Tonträger veröffentlicht, erfolgreiche Touren gemacht, ein eigenes kleines Magazin produziert und das Internet-Format “Deluxe Zoom” entwickelt. Außerdem haben wir zwei Azubis durch die Lehre gebracht, worauf ich ganz besonders stolz bin.

Aber warum hast du gerade diesen Zeitpunkt für die Schließung gewählt?
Na ja, im August ist unser erster Auszubildender fertig geworden, und im März 2010 wird der zweite fertig. Die einzige Möglichkeit, die Firma auf dem gleichen Level weiterzuführen, wäre es, einen neuen Auszubildenden einzustellen. Aber ich habe keine Lust, dass der sich dann in zwei Jahren vielleicht eine neue Ausbildungsstelle suchen muss. Von daher wollte ich jetzt einen sauberen Schnitt machen. In dem ­Titeltrack rappe ich ja auch: “Ich habe in den letzten Jahren vieles gelernt und vieles verstanden/wie zum Beispiel, dass ich kein Business-Mann bin/nein danke, das überlasse ich lieber den anderen.” Das Geschäftliche ist echt nicht meine Stärke, aber gerade in diesen Zeiten sehr wichtig. Ich habe Künstler immer aus einer Fan-Perspektive gesignt, nur spiegelt mein Geschmack anscheinend nicht unbedingt den Geschmack der Masse wieder. Das waren eher Liebhabersachen für Leute, die sich stark mit Texten und Reimen auseinandersetzen.

Kann man also schon sagen, dass es am Ende eine wirtschaftliche Entscheidung war?
Ich bin jetzt nicht vollkommen pleite. Aber ich ziehe die Notbremse, bevor ich das Label an die Wand fahre. Das ist einfach nur smart. Natürlich ist es schade, andererseits zeigt es vielleicht auch, dass das Modell einfach nicht funktioniert. Roc-A-Fella war ja abgesehen von Jay-Z auch nicht unbedingt ein wahnsinnig erfolgreiches Label. Ich bin mal gespannt, ob es Lil Wayne gelingt, mit Drake einen zweiten erfolgreichen Künstler über sein Label herauszubringen. Das könnte schon klappen, aber auch darum, weil die eben wahnsinnig viel Geld zur Verfügung haben. Manchmal macht Geld erst Erfolg, bzw. du kannst dir Erfolg auch ein bisschen kaufen.

Mit Optik, Bozz und Deluxe hatten junge Künstler Plattformen, um sich den Fans etablierter ­Artists vorzustellen. Das ist jetzt vorbei.
Aber die Zeiten sind auch vorbei, in denen ich wirklich viel für die Künstler tun konnte. Meine Fans sind ja nicht automatisch auch Fans aller Künstler auf Deluxe Records. Bei Ali A$ und Tua bin ich mir sicher, dass sie sich mittlerweile selbst als Künstler etabliert haben und einen viel lukrativeren Deal machen, wenn sie direkt mit einem Vertrieb zusammenarbeiten. Die medialen Plattformen sind ja überschaubar geworden. Es gibt noch eine einzige HipHop-Zeitschrift in Deutschland, die wirklich gedruckt wird, und das seid ihr. Und dann gibt es vielleicht 50 bis 100 HipHop-Webseiten, bei denen du deinen Space bekommen kannst. Dafür brauchst du nicht unbedingt ein großes Label, das für dich dort anfragt. Außerdem gibt es YouTube, MySpace, Twitter und Facebook. Von daher ist eine zwischengeordnete Instanz wie ein Label auf dieser Ebene, wo es um 1.000 bis 5.000 verkaufte CDs geht, nicht mehr zwingend notwendig. Man muss heutzutage als Indie-Künstler eben sehen, wie man so viel wie möglich von den zehn Euro, die ein Album kostet, in die eigene Tasche stecken kann. Deswegen müssen die Leute wieder selbst lernen zu hustlen. Und wir bekannten Künstler können ja trotzdem noch neuen Artists eine Plattform bieten, indem wir sie z.B. auf unsere Touren als Vorgruppe mitnehmen oder sie auf unseren Platten featuren.

Wie erklärst du dir denn die Kettenreaktion, dass alle drei künstlergeführten Indie-Labels in Rap-Deutschland geschlossen haben?
Das sind wohl einfach die Zeichen der Zeit. Jeder, der mich ein bisschen besser kennt, weiß, dass ich mich nicht besonders akribisch damit beschäftige, was in der deutschen Rap-Szene passiert. Von daher war meine Entscheidung sicher nicht dadurch beeinflusst, dass Savas oder Azad ihre Labels geschlossen haben. Aber wir drei, so unterschiedlich wir alle sind, wurden letztlich alle von der gleichen HipHop-Ära beeinflusst und haben auch ungefähr zur gleichen Zeit unsere ersten Schritte in die Öffentlichkeit gemacht. Dann hatten wir natürlich auch zur selben Zeit den Status erreicht, an dem man darüber nachdenken konnte, neuen Künstlern eine Plattform zu geben. Wir hatten alle drei viel Liebe für diese Sache, mussten aber einsehen, dass es nicht so klappt, wie wir uns das vorgestellt haben. Von daher sind wir gut beraten, uns alle erstmal auf unsere eigenen Karrieren zu konzentrieren. Natürlich haben wir diese Firmen nicht aufgemacht, um damit unglaublich viel Geld zu verdienen, aber wir haben wir eben auch nicht damit gerechnet, dass man immer wieder privates Kapital in diese Firma stecken muss, ohne dass es sich wirtschaftlich rechnet. Mein Steuerberater hat mir seit Jahren gesagt, dass es keinen Sinn macht. Das Geld wurde einfach nicht rechtzeitig wieder eingespielt – und als Firma musst du ja deine laufenden Kosten decken und auch noch in neue Produkte investieren. Deshalb brauchst du ein oder zwei Acts, die richtig viel und schnell abverkaufen, damit der Cashflow stimmt. Aber das ist halt bei keinem von uns passiert.

Werdet ihr also eure Studio- und Büroetage im Hamburger Schanzenviertel aufgeben?
Ja, aber Dynamite wird dort weiterhin sein Studio haben und sich noch weitere Musiker dazu holen. Deluxe wird es als exklusiven Mailorder und Vertrieb weiter geben, aber wir ziehen in ein kleineres Büro mit einer Ladenfront um. In den letzten Jahren ist deutlich geworden, dass sich rein wirtschaftlich nur ein Teil des Labels trägt – und zwar mein eigenes Merchandise und alle anderen Produkte, auf denen mein Name steht, von Lanyards bis Mauspads. Deshalb ­reduzieren wir unser Angebot jetzt auch darauf.

Angesichts der genannten Labelschließungen erklären viele Medien deutschen HipHop für tot. Wie siehst du das?
Das ist doch Unsinn. Diese Labels waren gut gemeint, haben aber leider in der Form nicht auf Dauer funktioniert. Deswegen ist jetzt aber nicht gleich deutscher HipHop am Ende. Je weniger die Leute sich auf diese Industrie verlassen, desto besser wird vielleicht sogar wieder die musikalische Qualität. Denn der große Hype hat ja auch sehr viele Eintagsfliegen mit durchgefüttert. Jetzt müssen Künstler wieder anfangen, etwas wirklich Interessantes zu machen – genau wie wir damals. Wir haben uns wirklich einen Kopf um unsere Platten und unsere Live-Shows gemacht. Von den ganzen neuen Künstlern haben es hingegen nur zwei oder drei geschafft, sich im Live-Sektor etwas Spannendes aufzubauen, so dass sie auch gebucht werden. In dieser Hinsicht muss man Typen wie ­Marteria oder Tua auch immer wieder extrem loben.

Es gibt ja so ein paar gängige Standard­argumente in Internetforen, wenn man über die Schwächen der künstlergeführten Indielabels redet. Eines lautet: Die großen Rapper halten ihre Künstler absichtlich klein, weil sie nicht von ihnen überstrahlt werden wollen.
(lacht) Das kann ich mir bei keinem Künstler vorstellen. Ich kann schon verstehen, woher dieser Gedanke bei Kids in einem gewissen Alter kommt. Aber ich erinnere mich an keinen einzigen Fall aus der ganzen HipHop-Geschichte, wo ich selbst das mal ernsthaft gedacht hätte. Langfristig würde das auch gar nicht funktionieren. Ich glaube nicht, dass irgendeiner von uns ernsthaft Krisen geschoben hätte, wenn ein junger Rapper auf dem eigenen Label größer geworden wäre als man selbst. Es hätte wahrscheinlich eher Stress gegeben, weil der junge Rapper seine Position falsch eingeschätzt hätte. Man hat das ja ein bisschen bei Savas und Eko gesehen. Das hat natürlich ganz schnell zu Differenzen geführt, genau wie bei 50 und Game. Junge Rapper, die einen gewissen Hype erleben, schätzen halt ihre Position schnell mal falsch ein.

Viele sind aufgrund von YouTube-Klicks oder irgendwelchen Download-Zahlen krass überzeugt von sich selbst. Aber das Internet ist halt keine reale Welt. Wo siehst du die Unterschiede in der Label­arbeit, wenn du dein eigenes Label rückblickend mit Bozz oder Optik vergleichst?
Bei Bozz hatte ich das Gefühl, dass das Label sehr stark das Umfeld von Azad reflektiert hat und dass es auch ein einheitliches Klangbild gab, weil Azad bestimmte Produzenten gesignt hat, die auf allen Releases vertreten waren. Das war so ein “Hate it or love it”-Thema. Ich hingegen habe einfach nur ge­signt, was mir persönlich gefallen hat. Das hat ­meistens über Lyrics funktioniert und nicht über Images. ­Diese Ebene kam erst an zweiter Stelle hinzu, und bei Manuellsen zum Beispiel ist es auch ein bisschen daran gescheitert. Selbst für diese Erfahrung bin ich aber dankbar. Ich bin ja sonst immer der Künstler gewesen, der über die Plattenfirma gemeckert hat, und dann war ich auf einmal selbst die Plattenfirma und stand auf der anderen Seite. Wenn es bei einem Künstler gut läuft, wird er das hauptsächlich auf sich selbst beziehen, aber wenn es nicht so gut läuft, dann ist eben fast immer das Label schuld. Und natürlich ist es auch komisch, wie man gewisse Dinge dem Künstler gegenüber formulieren muss. Du machst ja aus Kunst, die die Seele eines Menschen reflektiert, ein kommerzielles Produkt. Das ist schon ein Widerspruch. Ich selbst war auch immer ein sehr autarker Künstler, der sich nicht reinreden lassen hat.

Aber woran ist denn dann die Beziehung zu ­Manuellsen konkret gescheitert?
Wir waren als Label der Ansicht, dass er eine klare ­Linie in seinem Image und in der öffentlichen Wahrnehmung fahren sollte. Dadurch hat er sich scheinbar so gefühlt, als ob wir ihn verbiegen wollten – das war aber überhaupt nicht meine Intention. Ich habe lediglich in meiner Karriere gelernt, dass die Außenwirkung extrem wichtig ist und dass man aufpassen sollte, welche Signale man sendet. Das war auch schon alles, worum es da ging. Am Ende gab es dann leider ein Gespräch, das ein bisschen unglücklich ausgegangen ist. Auf dieser Basis konnte ich mit ihm nicht ­weiter arbeiten, das war mir einfach zu anstrengend. Und natürlich sagt man in einer solchen Situation nicht: Alles cool, lass uns nächste Woche zum Angeln treffen. Trotzdem habe ich ihn als Menschen immer geschätzt und schätze ihn auch immer noch. Ich grüße Manuellsen, Snaga & Pillath und fast alle anderen, die jemals auf dem Label waren, auch in dem Song “Der letzte Tanz”. Es gibt also kein böses Blut, ich bin kein nachtragender Typ, und deshalb will ich im Nachhinein auch nicht schlecht über irgendjemanden reden.

Du bist auf dem neuen sido-Album mit einem Feature vertreten. Sido sagte uns, dass diese Kollaboration längerfristig geplant war?
Ja, das war schon länger im Gespräch, fürs letzte ­Album ist es zeitlich leider nichts geworden. Und auch wenn ich ihn als Künstler immer schon geschätzt habe und deshalb auch prinzipiell Bock hatte, mit ihm etwas zu machen, hatte ich einfach ein Problem mit dem, was das Label Aggro Berlin verkörpert hat, wofür es stand. Natürlich hatten sie großartige Marketingkonzepte, aber in bestimmten Angelegenheiten habe ich einfach andere Standpunkte. Zum Beispiel fand ich die Vermarktung von B-Tight mit diesem N-Wort nicht cool, weil ich finde, dass man damit ganz anders umgehen sollte. Trotzdem hätte ich das Feature mit sido auch gemacht, wenn er noch auf dem Label wäre, weil er ein cooler Typ ist und ich mir nicht mehr so viele Gedanken um so etwas mache.

In eurem gemeinsamen Song “Seniorenstatus” thematisiert ihr auf eine humorvolle Weise, dass ihr nicht mehr die Allerjüngsten im Spiel seid.
Uns war von vornherein klar, dass wir für unseren gemeinsamen Song ein richtiges Thema brauchen. Sido hatte dann die konkrete Idee zu diesem Song. Ich fand es interessant, dass er sich jetzt schon als alten Hasen sieht, obwohl ich dann denke: Wie jetzt, du bist doch gerade erst ins Spiel gekommen? (lacht) Aber natürlich ist das auch nicht ganz richtig. ­Immerhin ist es jetzt schon sein viertes Soloalbum, und er hat in den wenigen Jahren eine krasse Karriere ­hingelegt. Das kann man ihm nicht wegnehmen.

Fühlst du dich denn selbst schon so alt?
(lacht) Nein, überhaupt nicht. Weißt du, auf meinem letzten Album wollte ich ja unbedingt mal etwas anderes machen als “nur” Rap-Songs. Ich wollte einfach wissen, wie es sich anfühlt, den Beat nicht von Platte zu bekommen, sondern mit echten Musikern zu arbeiten. Ich wollte zeigen, dass ich Talent zum Songwriting habe, und ich weiß jetzt, dass Live-Musik für mich als Solokünstler immer eine Rolle spielen wird. Trotzdem macht es mir jetzt gerade wieder richtig Spaß, einfach nur zu rappen. Denn ich habe auch gesehen, was die Leute an mir schätzen und was ich gut kann. Ich bin ja immer noch extrem HipHop. Ich male immer noch gerne mal ein Graffiti, und wenn ich selbst Beats mache, sind das meistens unglaublich harte HipHop-Beats.

Das letzte Album hast du überwiegend zusammen mit den Instrumens und deiner Live-Band eingespielt. Wie war das bei “Der letzte Tanz”?
Das sind alles Beats, die zu mir gekommen sind. Es gibt zwei Dinger von Monroe und zwei Dinger von den Kroaten, Baby Dooks und Dash, die noch aus der Zeit stammen, als wir die “Deluxe Zoom”-Folge in Kroatien gedreht haben. Dann gibt es einen Beat von DJ Threesixty aus Amsterdam, der auch schon viel mit Dean Dawson gearbeitet hat. Ein Reggae-Song kommt von Sam Gilly aus Österreich, der auch alle Roots-Riddims auf Flames letztem Album gemacht hat. Dann habe ich eine Auto-Tune-Ballade von Petone, mit dem ich diese “80s Flashback”-Sache gemacht habe. Das Lied hört sich an wie eine Schnulze, die man für eine Frau singt, aber eigentlich geht es um Mary Jane. (lacht) Auf dem Mixtape sind auch noch zwei Samsemilia-Songs, die auf jeden Fall die unterhaltsamsten Weed-Strophen seit “Grüne Brille” sein dürften.

Nicht alle Fans waren glücklich mit der ­musikalischen Entwicklung, die du auf “Dis wo ich ­herkomm” vollzogen hast.
Mein Konzertpublikum sieht trotzdem noch genauso aus wie früher. Das sind HipHop-Kids, die mich nicht anders wahrnehmen, nur weil ich “Bis die Sonne rauskommt” gesungen habe. Viele Fans haben mir auch gesagt, dass sie mein neuer Stuff an mein erstes Album erinnert. Ich persönlich finde, dass das neue Album an das erste Dynamite Deluxe- und mein erstes Soloalbum anknüpft. Das sind die ehrlichsten Platten, die ich in meiner Karriere gemacht habe. Meine anderen Platten kann man auch alle feiern, aber da wusste ich gerade überhaupt nicht, wofür ich stehen will.

Neben der Musik wurden vor allem auch einige Textzeilen sehr hart kritisiert, insbesondere die inzwischen berühmte “Hitler-Line”.
Diese Kontroverse hat mir aber vor allem gezeigt, dass ich relevant bin und gehört werde. Dass ich ­diese Zeile nicht böse meine, hat man allgemein schon gecheckt. Mir war auch bewusst, dass diese Line provokant ist, aber aufgrund meines Backgrounds hätte ich niemals gedacht, dass die Menschen so weit gehen, mir rechtes Gedankengut zu unterstellen. Ich habe in diesem Jahr viele Diskussionen zu dem Thema geführt, z.B. im Wiesbadener Schlachthof, wo mich die lokale Antifa zuerst nicht auftreten lassen wollte, obwohl ich dort seit zehn oder 15 Jahren aufgetreten bin. Die haben sich auch an dieser Zeile aufgehängt, also haben wir uns hingesetzt und darüber diskutiert. Die haben halt den Zusammenhang nicht gesehen. Aber wenn man mal ein Kapitel in meinem Buch liest oder checkt, was ich an Jugendarbeit mache, dann kann man mir diese Vorwürfe nicht ernsthaft machen. Viele sind eben extrem sensibel bei diesem Thema, und die Diskussionen waren letztlich für mich sehr interessant.

Du warst soeben auch auf Lesereise mit deinem Buch “Deutschland Deluxe – Dis wo ich herkomm”. Wie war diese Erfahrung für dich?
Das war extrem spannend. Es war ja nicht so, dass ich mich in irgendwelche Buchhandlungen gesetzt und einfach nur vorgelesen hätte. Das waren musikalische Lesungen, mit Band. Das kam auch sehr gut beim Publikum an. Vor Menschen zu lesen, ist übrigens gar nicht so leicht, vor allem wenn es deine eigenen Worte sind. Aber es ist schön, neue Dinge auszuprobieren und zu merken, dass man das kann und sogar gut darin ist. Ich mache eben alles mit Herzblut und positiver Intention, und daher kommt es auch so bei den Leuten an, dass das keine Sellout-Moves sind. Ich investiere viel Zeit und Liebe, und ich bekomme auch richtig viel zurück. Ich werde zum Beispiel ständig in der Öffentlichkeit erkannt, aber fast immer nur auf eine nette Weise. Die Leute freuen sich, mich zu sehen: Kinder und ihre Eltern, Ausländer und Deutsche, ganz egal.

Du wirkst momentan tatsächlich sehr ­ausgeglichen. Geht es dir gut?
Ich kann mich echt nicht beschweren. Durch das letzte Jahr haben sich viele neue Türen geöffnet: Ich habe neue Buchprojekte, neue TV-Projekte, und ich ziehe Anfang des Jahres in ein neues, riesengroßes Studio in Norddeutschland, das gerade frei geworden ist. Dort werde ich dann anfangen, eine neue Platte zu produzieren und aufzunehmen. Ich habe viele Ideen und Pläne. Und ich habe ein gutes Gefühl, dass ich mir eine solide Basis gebaut habe.

Text: Stephan Szillus
Fotos: Markus Werner

 

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