JUICE #149 ab 14.02. am Kiosk

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Haftbefehl1

Will man im hiesigen HipHop-Internet die aktuellen Konfliktlinien ausloten, hat man derzeit zwei ­Möglichkeiten: Entweder man postet irgendwas über Cro. Dann kommen die Mützenmädchen und Jutebeutel-Knaben, die Ü30-Realkeeper und zu früh Hängengebliebenen, die Jappy-Gangster und Förderklassen-Babas und erklären sich gegenseitig, was an dem Schwabenpanda nun so <3, nicht oder vielleicht doch total HipHop oder einfach nur extrem schwul ist. Hasslevel: normale ­Meinungsverschiedenheit ohne Anfassen. Oder man postet irgendwas über Haftbefehl. Dann kommen alle. Und schlagen sich mit einem heiligen Eifer virtuell die Fresse ein, als hinge der Fortbestand der Spezies davon ab. Hasslevel: Gjakmarrja bis alle tot sind. Haftbefehl ist ohne Zweifel die umstrittenste Figur im zeitgenössischen deutschen Rap. Die JUICE-Ausgabe #149 (März 2013) mit Haftbefehl-Cover und Haftbefehl JUICE Exclusive EP »Azzlack Kommandant« ist ab dem 14.02. bundesweit für 5,90 EUR im Zeitschriftenhandel erhältlich. DIE THEMEN DER JUICE AUSGABE #149

Titel: Haftbefehl – Der Babo
Aykut Anhan aka Haftbefehl aus dem hessischen Offenbach ist ohne Zweifel einer der charismatischsten Rapper, die je einen Reim auf Deutsch geschrieben haben. Ein sympathischer, jovialer Hüne mit einem schelmischen Grinsen auf den Lippen und einem chemischen Glitzern in den Augen, der sofort die gesamte Aufmerksamkeit auf sich zieht, wenn er den Raum betritt – und genügend Humor, Charme und Mit­teilungsbedürfnis mitbringt, selbigen auch im Alleingang zu unterhalten. Nicht nur ein faszinierender Künstler, sondern eine Star-Persönlichkeit by nature. Kein Wunder, dass Sido und Jan Delay mit ihm arbeiten wollen, dass sich Marteria und Curse als Fans outen, dass Cro Hafti-Videos bei Facebook teilt – sie alle wissen, wer der Babo ist. Und dass der Babo obendrein ein richtig cooler Typ ist. JUICE-Redakteur Marc Leopoldseder traf Hafti in Frankfurt zum Frühstück um 21 Uhr abends zu Tomatensuppe, Garnelen und Steak.

Rap in D 2013 – 10 Deutschrap-Alben auf die wir uns 2013 freuen
Der Winter ist geschafft. Das HipHop-Jahr startet stabil: Haftbefehl, PA Sports und Vega im Januar. Fard und »JBG 2« im Februar. Megaloh und Chakuza im März. Doch was bringt der Rest des prognostizierten Boom-Jahres 2013? JUICE hat Informationen aus erster und zweiter Hand zusammengetragen, die unsere Erwartungen insbesondere in Bezug auf die zweite Jahreshälfte rapide in die Höhe schnellen lassen.

Xatar – Blaulicht
Die Fahrt nach Rheinbach dauert ewig. Südlich von Köln, hinter Bonn, wo die Orte Euskirchen, ­Swisttal, Schuld oder Röttgen heißen. Flache Landschaft. Grau in grau, es ist Winter, noch liegt kein Schnee. Es ist neblig. Das Gefängnis, in dem ich Xatar treffen soll, liegt etwas abseits. Der gelbe ­Neubau könnte auch der Eingang zu einem größeren Gemeindehaus sein, die hohen Mauern dagegen, hinter denen der Giebel einer 100 Jahre alten Kirche zu sehen ist, könnten allerdings nichts anderes sein. Es sind Gefängnismauern, gebaut, um Menschen daran zu hindern, in die Freiheit zu gelangen. Für etwas anderes taugen sie nicht. Dafür, und nur dafür sind sie da. Marcus Staiger besuchte Xatar im Gefängnis und sprach mit ihm über Musik und seinen Werdegang.

A$AP Rocky – Modernes Leben
In diesen Tagen reißt sich die ganze Welt um A$AP Rocky. Was hat dieser 24-Jährige, das andere nicht haben? Was kann dieser Straßenapotheker, den seine Mutter tatsächlich nach dem großen Rakim benannt hat und der HipHop somit wirklich in die Wiege gelegt bekommen hat, was andere nicht können? Da muss doch mehr sein als ein bisschen Geschichtswissen und Modebewusstsein, mehr als verwaschenene Tanktops in Überlänge, John-Lennon-Gedächtnis­nickelsonnenbrillen, superlimitierte Jordans, Snapbacks, die Wiedercoolmachung von Goldzähnen und Zugang zum Apothekerschränkchen. Oder etwa nicht? A$AP Rocky im Interview.

Chakuza – Blick nach vorn
Der Name Chakuza weckt unterschiedlichste Assoziationen – und zwar nicht bei jedem nur positive. Mit seinem neuen Album »Magnolia« soll auch eine neue Zeitrechnung für den Rapper beginnen. Bereits die Vorab-Videos zu »Ich lauf« und »Decke« zeigten einen gereiften Künstler, der von den großspurigen Posen der eigenen EGJ-Vergangenheit wenig bis nichts übrig lassen will. »Magnolia« übersetzt Chakuzas pathetische Stahlstadtpoesie in nachvollziehbare Alltagsbetrachtungen und bettet diese in eine zeitgeistige musikalische Hülle zwischen Clams Casino und M83. Wir werden Zeuge einer der ­interessantesten und spannendsten Karrierewendungen der Deutschrap-Geschichte. Ob der Plan aufgeht, muss die Zeit zeigen.

Fard – Ad rem
Lateinische Albentitel sind bei Fard Tradition. 2010 stellte er mit »Alter Ego« sein »anderes Ich«« vor, 2011 titulierte er sich mit »Invictus« als der »Unbezwingbare« und jetzt positioniert er sich mit »Bellum et Pax« zwischen »Krieg und Frieden«. Ein Titel, der auf den ersten Blick einer weiteren Gewohnheit von Fard gerecht wird, nämlich der Gegenüberstellung von Wut und Nachdenklichkeit in seiner Musik. Doch ganz wie zuvor geht es auf dem vierten Soloalbum des deutsch-iranischen Ruhrpottlers nicht zur Sache. Mit amerikanischem Support und einheimischen Producer-Größen soll die Vielfalt seines Sounds ausgebaut werden – das, was auf Battle-Bühnen begann und 2011 in einer Chart­platzierung knapp hinter den Top 10 gipfelte, will er noch ein Stück weiter tragen. JUICE traf Fard zum Interview.

Megaloh – Traum vom Fliegen
Er gilt seit Jahren als einer der versiertesten Rapper Deutschlands. Man kann mit Fug und Recht ­behaupten, dass der Junge aus Berlin-Moabit die Arbeit am Mikrofon perfekt beherrscht und einer der wenigen ist, die dem Hörer das Gefühl vermitteln, dass Rap das Leichteste und Natürlichste auf der Welt sei. Medien und Kollegen sagten ihm bereits zu Beginn seiner Karriere Pelzmäntel und goldene Dukaten voraus, doch die Lobgesänge schallten bislang noch nicht über Moabits Hügel in die Welt hinaus. Nur Xavier Naidoo, Samy Deluxe, Joy Denalane und Max Herre sahen sein Talent und featureten den mit enormem Sprachgefühl gesegneten Rapper, der sich etwa auf Samys »Hände hoch«-Remix oder Herres »Rap ist« mit denkwürdigen Lines bedankte. Nun nahmen sich Megaloh und Herres Nesola-Team der ambitionierten Aufgabe an, in zahllosen Nachtschichten ein Album aufzunehmen, das den Ansprüchen des kompletten MCs gerecht wird – Musikalität und Substanz vereinen, aber nicht den Jungen aus dem Viertel verleugnen. »Endlich unendlich« ist genau diese eine Platte, die Megaloh machen musste, um dem Fluch des alternden Wunderkinds zu entkommen. Ein brutal ­ehrliches Album mit schwermütigem Spaß an der schönsten Nebensache der Welt: HipHop.

The RZA – Da Art Of Storytellin’
Wer zwei Jahrzehnte den Wu-Tang Clan zusammenhalten kann, kann auch einen Blockbuster ­dirigieren, dachte sich RZA und sammelte das nötige Kleingeld zusammen. Egal ob als Musiker, ­Autor, Schauspieler oder Filmemacher, auf dem roten Teppich in Cannes, dem Sunset Boulevard oder in der heimischen Hood – RZA ist einer der wenigen anerkannten Grenzgänger, den die HipHop-Kultur hervorgebracht hat. Mit seinem Regiedebüt »The Man With The Iron Fists« bringt er die Ästhetik und Stilistik des Wu-Tang Clan auf die große Leinwand.

T.I. – Trap God
Als »Trap Muzik« im Mai 2003 erschien, wussten nur Eingeweihte, was das mit dieser Fallenmusik soll. Im Jahr 2013 ist »Trap Music« plötzlich angesagte Clubmusik, der inoffizielle Dubstep-Nachfolger sozusagen. In den Szeneläden rappen angekokste Mitglieder der kreativen Klasse »Love Sosa« mit, ­während ihre nach gerade erst aufgestanden aussehende Vintage-Freundin zu »Higher Ground« von TNGHT mit dem dürren Hintern zu wackeln versucht. Parallel dazu tritt Wacka Flocka Flame in der Dorfdisko deines Vertrauens auf und 500 betrunkene 18-Jährige schreien »Pow!«. Nur T.I., der mit seinem zweiten Album die Trap (meint: die vom Drogenhandel verseuchten Viertel der Südstaaten­metropolen) in das weltweite HipHop-Bewusstsein hievte, der profitiert davon heute eher ­wenig. ­Dennoch ist Tip, wie ihn seine Freunde bis heute nennen, bester Laune, als wir ihn nach drei ­gescheiterten Versuchen endlich ans Telefon bekommen.

Kings of HipHop: The Game – Spiel des Lebens
Er hat zwei perfekte Alben aufgenommen, das riesengroße Erbe seiner Heimatstadt quasi im Alleingang geschultert, Songs mit allen Babos der Szene im Katalog und offenbar immer noch richtig Bock auf Rap. Wenn er sich nicht ganz dumm angestellt hat, ist er zudem reich für immer. Genau da aber liegt das Problem. Denn Game hat nicht nur ein beachtliches Talent für Bilder und ­Emotionen. Sondern auch jenes, sich regelmäßig ohne jede Not komplett zum Obst zu machen. Er erzählt ständig irgendwelchen Unfug, legt sich grundsätzlich mit den Falschen an und verdeckt seine besten Stücke unter Haufen von Müll. Den Zugang in die Ruhmeshalle der ganz Großen hat ihm das verbaut, vermutlich auf ewig. Der Platz in unseren Herzen aber ist ihm sicher. Weil er real ist. Manchmal fast schmerzhaft real. Ein Loblied auf einen König ohne Krone. Mit einer Träne unterm Auge. Und einer mittendrin.

Darüber hinaus findet ihr in dieser Ausgabe u.a. Features und Interviews mit:
PA Sports
Hobskur
Dope D.O.D.
OK Kid
Figub Brazlevič
DJ Muggs
Ryan Hemsworth
Robot Koch
Cr7z
3Plusss
Timeless Truth
Morlockk Dilemma & Sylabil Spill
MC Fitti
Waldo The Funk
uvm.

Tracklist JUICE Exclusive EP: Haftbefehl »Azzlack Kommandant«
01 Aus Gramm mach ich Pfund
02 Wer bist du?
03 Azzlack Kommandant
04 Rotterdam feat. Celo & Abdi, Veysel
05 Dann mit der Pump Gun feat. Massiv & Manuellsen JUICE Beatbox RMX
06 Chabos wissen wer der Babo ist (Allstar Remix) feat. Milonair, Mosh36, Olexesh, Habesha, Abdi, Celo, Crackaveli, DOE, 60/60, Al-Gear & Veysel

Die JUICE-Ausgabe #149 (März 2013) ist ab dem 14.02. bundesweit für 5,90 EUR inklusive Exclusive EP von Haftbefehl im Zeitschriftenhandel erhältlich.

Cover JUICE #149

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Cover JUICE Exclusive EP Haftbefehl »Azzlack Kommandant«

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