Born and raised in Compton: DJ Quik // Feature

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DJ-Quik

Gemeinhin gilt DJ Quik als unterbewertet. Doch das stimmt nur zum Teil: Kaum ein halbwegs fachkundiger Raphead würde ernsthaft bestreiten, dass Quik in einem Ranking aller Westcoast-Produzenten mindestens den zweiten Platz belegen müsste (den unantastbaren Status des heiligen Doktors zweifelt auch Quik nicht an). Auch als Rapper, und da können die Hater haten wie sie wollen, hat er stets eine mehr als gute Figur gemacht. Zu den ganz Großen wird der charismatische Ex-Gangbanger aus Compton dennoch tatsächlich selten gezählt. Und auch im Mainstream schenkt man Quik eher wenig Aufmerksamkeit – durchaus überraschend bei über 100 Millionen verkauften Platten. Denn DJ Quik hat nicht nur 2Pac, Jay-Z, Snoop Dogg, Xzibit, Ludacris, Busta Rhymes, Jadakiss, ja sogar Will Smith und Shaquille O’Neal produziert, sondern eben auch Whitney Houston oder Janet Jackson. Wegen seines musikalischen Genies wird er nicht umsonst auch als »Dilla der Westküste« bezeichnet. In diesem Jahr jährte sich der Release seines Debütalbums »Quik Is The Name« zum zwanzigsten Mal, was mit Quiks nunmehr achtem Soloalbum »The Book Of David« gebührend gefeiert wurde. Ein guter Zeitpunkt, um zurückzuschauen auf die einzigartige Karriere eines einzigartigen Künstlers.

DJ Quik wurde am 18. Januar 1970 als David Marvin Blake im berühmt-berüchtigten Ghetto von Compton geboren. Aufgrund der beachtlichen Plattensammlung seiner Mutter – sein Vater hatte sich bereits früh aus dem Staub gemacht – entflammte seine Liebe zur Musik bereits im Alter von nicht mehr als zwei Jahren. Es waren Soul-Musiker wie Curtis Mayfield und Leroy Hutson, die den kleinen David tief beeindrucken und prägen sollten. Sein unglaubliches musikalisches Talent zeichnete sich früh ab und so fing er dann auch an zu musizieren, bevor von HipHop überhaupt irgendwo die Rede war. Schon mit acht Jahren spielte er verschiedene Instrumente, mit 13 lernte er das Scratchen mit Jackos »Thriller«. Mit 15 versuchte Quik sich an ersten eigenen Songs, die außer ihm jedoch niemand zu hören bekommen durfte. Außerdem stellte er als Rap-Fan der ersten Stunde, der die Entstehung dieses Genres hatte miterleben können, bald HipHop-Mixtapes mit seinen Lieblingsstücken – »My Adidas« oder »Eric B. Is President« – zusammen, die er auf der Straße verkaufte. Erste Engagements als DJ auf den Halloween- oder Valentinstagsfeiern seiner Junior High School folgten.

Schnell konnte er mit dem DJing etwas Geld verdienen, was ihm gut ihn den Kram passte, war er so doch nicht länger darauf angewiesen, mit Drogen zu dealen. Denn wer in Compton aufwächst, kommt an Gangstertum und Bandenkriminalität bekanntlich nur schwer vorbei; auch David Blake hatte sich dem Gangleben angeschlossen. Er war, nachdem einige Mitglieder der Crips ihm das Leben in seiner Hood schwer gemacht und sogar auf das Haus seiner Mutter geschossen hatten, auf der Suche nach Beistand bei den Piru Bloods eingestiegen (nicht von ungefähr fehlt das C in seinem Künstlernamen) – eine Entscheidung, die er heute bereut.

Nach der 11. Klasse verließ Quik die High School und war für ungefähr drei Jahre ohne feste Bleibe. Nichtsdestotrotz blieb es die Musik, die sein Leben bestimmte. In den späten Achtzigern recordete und vertickte er Tapes mit seinen Homies AMG, 2nd II None und Hi-C, was durchaus so etwas wie einen Untergrundhype lostrat. Das bekannteste Tape dieser Zeit, »The Red Tape«, soll bereits 1987 entstanden sein. Wenn das stimmt, war der Quiksta mit seinen Produktionen damals seiner Zeit weit voraus, denn »The Red Tape« klingt, als sei es locker drei Jahre jünger. Wie dem auch sei: Es war genau dieses Tape, das DJ Quik 1989 einen Plattendeal bei Profile Records verschaffte. Plötzlich kassierte das ehemals obdachlose Ghetto-Kid 125.000 Dollar (und damit als bis dahin einziger Profile-Künstler eine sechsstellige Summe), zog zunächst mal in eine sicherere Nachbarschaft und kaufte sich einen VW Jetta. Den konnte Quik allerdings bald getrost seiner Nichte schenken, denn nach Veröffentlichung seines ersten Albums »Quik Is The Name«, das 1991 erschien, wurde er quasi über Nacht zum Millionär: Sein bis heute erfolgreichstes Album ging Platin und avancierte rasch zum Klassiker, die Singles »Born And Raised In Compton« und vor allem »Tonite« wurden große Hits und sind wohl noch immer seine bekanntesten Tracks.

Doch wieso erlebte Quik mit seinem Longplayer einen derartigen Buzz? Offenbar war er der richtige Mann zur richtigen Zeit. N.W.A. lösten sich gerade auf und hinterließen eine Armee von kaum unterscheidbaren und oft wenig spannenden Gangsta-Rappern, die an der Westküste wie Pilze aus dem Boden schossen. Aber DJ Quik war anders: Zwar unangefochten in seiner Street Credibility und mit authentischem Gang-Image ausgestattet, behandelte auch er die entsprechenden Themen, doch konnte er zudem in seinen Texten eine gehörige Portion Selbstironie und Humor, eine merkbare Cleverness sowie eine unverschämt coole und angenehm unverkrampfte Attitüde aufblitzen lassen. Das hatte es in Kombination mit Quiks neuartig klingendem, klinisch sauberen, vom Soul und Funk der 1970er Jahre geprägten und schwer groovenden Partysound mit den charakteristischen gescratchten Hooks so noch nicht gegeben. Wie alle seine späteren Alben hatte Quik sein Erstlingswerk komplett selbst produziert. Er samplete sich durch den Backkatalog seiner favorisierten Künstler, experimentierte mit klassischem R&B genauso wie mit Jazz oder Reggae und lud sich für einen noch fetteren Sound einen Bassspieler ins Studio ein. Kaum verwunderlich, dass es auch einen Instrumentaltrack auf »Quik Is The Name« gab: »Quik’s Groove« sollte zum ersten Teil einer Reihe werden, die auf den folgenden Alben fortgesetzt wurde und unter Quik-Fans absoluten Kultstatus genießt.

Seine außerordentliche Musikalität stellt DJ Quik nicht zuletzt immer wieder in seiner ebenfalls mit »Quik’s Groove« betitelten, legendären Konzertreihe unter Beweis, die seit Jahren in Los Angeles stattfindet und ein klassisches HipHop-Set mit Live-Musik verbindet. Hier tritt Quik mit einem wechselnden Allstar-Line-up – Rapper sind genauso vertreten wie Funk-, Jazz- oder Rockmusiker – auf und tobt sich gleichermaßen als DJ, MC und klassischer Musiker aus. Ausgiebige Improvisationen tun dabei regelmäßig ihr Übriges, dass das Spektakel weniger an ein Konzert, als vielmehr an eine Session erinnert; auch anwesende Fans werden gelegentlich integriert und dürfen mitrappen oder mitmusizieren. Kein Wunder, dass Quik mit der 2006er »Greatest Hits: Live at the House of Blues«-LP eins der wenigen HipHop-Live-Alben veröffentlichte, dass auch von den Kritikern hochgelobt wurde.

Doch wie ging es damals weiter nach seinem Debütalbum? Nun, dass Compton einen neuen Gangstarap-Superstar hervorgebracht hatte, war natürlich auch dem örtlichen HipHop-Thugster Eazy-E nicht entgangen. Dieser setzte sich mit Quik in Verbindung und bot ihm an, für eine Million Dollar bei seinem Label Ruthless Records zu signen. Quik, dem der Gedanke gefiel, bei dem damals erfolgreichsten Westcoast-Label unter Vertrag zu stehen, war sofort Feuer und Flamme, doch seine Plattenfirma Profile hielt überhaupt nichts von der Idee und schaltete auf stur. So blieben Eazys Abwerbungsversuche erfolglos und er erhielt sogar eine Unterlassungsanordnung. Zu einer musikalischen Zusammenarbeit zwischen Eazy-E und DJ Quik kam es dennoch kurz darauf, und zwar auf dem 1992 releaseten, von Quik produzierten Album »Paid The Cost« des Ruthless-Acts Penthouse Players Clique.

Ebenfalls 1992 erschien Quiks zweites Album »Way 2 Fonky«, das – genau wie später sein drittes und sein viertes Album – auch ohne Eastcoast-Radioplay Goldstatus erreichte. Auf Tracks wie »Jus Lyke Compton« verarbeitete er die Schattenseiten seines plötzlichen Erfolgs: Wo auch immer er zu der Zeit auftrat, tauchten Gangbanger auf, die testen wollten, wie es denn um die Realness seiner gerappten Gangsta-Tales bestellt war. Doch Quik ließ es sich nicht nehmen, auf der Platte selbst gegen andere Rapper zu schießen, so antwortete er dem New Yorker Tim Dog, der Quik nicht nur auf seinem berühmten Disstrack »Fuck Compton« erwähnt, sondern ihm auch den Skit »DJ Quik Beat Down« gewidmet hatte. Weiterhin gab es einige Verbalinjurien gegen AMG, Quiks Kollegen aus frühen Tagen, für den er 1991 die Hitsingle »Bitch Better Have My Money« produziert hatte, sowie gegen den Comptons Most Wanted-Leader MC Eiht. Der Beef zwischen Eiht und Quik dürfte so ziemlich der längste gewesen sein, der je auf Platte ausgetragen wurde. Das Ganze hatte seinen Anfang bereits Ende der achtziger Jahre genommen, als Quik auf einem seiner Untergrundttapes ein paar vergleichsweise harmlose Ansagen in Richtung Eiht (und auch Eazy-E) gemacht hatte, um klarzustellen, dass nun seine Zeit anbrach und alle Comptoner Rapper sich besser warm anziehen sollten. Von da an dissten sich die beiden etliche Male gegenseitig auf ihren Alben – unvergessen bleiben Quiks Zeilen »E-I-H-T, now should I continue?/Yeah, you left out the G ’cause the G ain’t in you«, die er auf seinem dritten Album »Safe + Sound« von 1995 droppte. Erst Ende der Neunziger schlossen die beiden Streithähne Frieden und gingen sogar gemeinsam ins Studio.

Zwischen den Releases von »Way 2 Fonky« und »Safe + Sound« (ein weiteres Album, das er in dieser Zeit machte, fand er so schlecht, dass er die Masters kurzerhand zerstörte) hatte DJ Quik mit diversen privaten Problemen zu kämpfen: Von Stress mit seiner Familie über Gangfights und Schießereien bis hin zu finanziellen Streitigkeiten mit seinem Label war alles dabei. Profile Records bezahlte Quik nicht vernünftig, so dass er sich mit seinem alten Homie Suge Knight in Verbindung setzte, für dessen Indie-Label und Death Row-Vorläufer Funky Enough Records Quik bereits 1988 bei einigen Produktionen ausgeholfen hatte. Suge Knight wurde kurzzeitig Quiks Manager, setzte seine gefürchteten Fähigkeiten als »Überredungskünstler« ein und kurz darauf floss wieder Labelgeld. Für das »Safe + Sound«-Album, Lieblingsplatte vieler Quik-Fans, agierte Suge dann auch als Executive Producer. Es handelte sich um Quiks P- bzw. G-Funk–lastigstes Album, für das er sich nach eigener Aussage auch von einigen damaligen Dr. Dre-Produktionen inspirieren ließ. Doch auch Dre fand Gefallen an Quiks Ideen: Nachdem auf »Safe + Sound« mehrfach eine Talkbox zum Einsatz gekommen war, konnte man ein Jahr später auf »California Love« bekanntlich ebenfalls Talkbox-Gesang hören – gesungen von Roger Troutman, der DJ Quik einst beigebracht hatte, mit der Talkbox umzugehen. Heute nutzt Quik das Effektgerät nur noch live.

1995 – die Probleme mit Profile Records nahmen kein Ende – hätte Quik gerne bei Death Row gesignt, doch überraschenderweise schaffte Suge Knight es nicht, ihn aus dem Profile-Vertrag zu kriegen. Dennoch arbeitete Quik als freier Mitarbeiter an verschiedenen wichtigen Death Row-Releases mit, auch wenn er dafür nicht immer die entsprechenden Credits bekam. So produzierte Quik beispielsweise auf dem Dogg Pound-Album »Dogg Food« oder auf Snoops »Tha Doggfather«, ohne im Booklet erwähnt zu werden. Für 2Pacs Klassiker »All Eyez On Me« mischte er nahezu die Hälfte der Songs innerhalb von zwei Tagen, polierte den Sound gründlich auf und fügte bei verschiedenen Tracks zahlreiche Instrumente hinzu. Suge Knight ließ ihm da freie Hand. Credits (als David Blake, da er ja bei Profile unter Vertrag stand) bekam Quik aber nur für die gemischten Songs sowie für »Heartz Of Men«, den einzigen Song des Albums, den er komplett alleine produziert hatte.

Wie erst dieses Jahr bekannt wurde, verhörte das L.A.P.D. nach dem gewaltsamen Tod des Death Row-Erzfeindes Biggie auch Quik als Verdächtigen, da dieser ebenfalls Gast der »Vibe«-Party gewesen war, die B.I.G. unmittelbar vor seiner Ermordung besucht hatte. Die beiden waren an diesem Abend angeblich in einen Streit geraten; außerdem fand sich in Quiks Autosammlung das Chevrolet Impala-Modell, wenn auch in anderer Farbe, aus dem heraus auf Biggie geschossen worden war. Keine triftigen Beweise also – Quik jedenfalls war empört über das Verhör.

1997 entdeckte DJ Quik den – tatsächlich als Zuhälter sein Geld machenden – Pimp-Rapper Suga Free, dessen von Quik produziertes Debütalbum »Street Gospel« bei Insidern als kalifornischer Untergrundklassiker gilt. Aufgrund eines DJ Quik-Beats, den Suga Free als seinen ausgab und verkaufte, gerieten die beiden jedoch später in einen Streit, der erst 2006 beigelegt wurde.

Anfang 1998 ereignete sich dann eine Tragödie, die Quik (der bereits 1995 damit hatte fertig werden müssen, in einen Verkehrsunfall verwickelt gewesen zu sein, bei dem er einen fünfjährigen Jungen überfuhr, der dies nicht überlebte) in eine tiefe Krise stürzen sollte. Sein Manager und bester Freund Darryl Cortez Reed alias Top Dog, den er seit Kindheitstagen kannte, wurde in Quiks Haus von Quiks Neffe erschossen, der dafür in den Knast ging. Nach diesem Schock verfiel Quik eine Weile dem Crystal Meth, das gerade in der Hood populär wurde – und übrigens auch seinen Neffen zu der Wahnsinnstat getrieben haben soll. Quik wollte nicht wahrhaben, was geschehen war und litt unter einem posttraumatischen Stressyndrom. Schließlich lenkte er sich von seiner Trauer und seiner Verzweiflung ab, indem er sich wieder in die Musik vertiefte. Das Resultat war sein viertes Album »Rhythm-al-ism«, das 1998 erschien und Quik von all seinen Alben persönlich am besten gefällt. Seinem Empfinden nach entwickelte er hier endgültig seinen eigenen Stil, der sich aus seinen Lieblingsmusikrichtungen zusammensetzte – auch dezente Rock–Einflüsse waren erstmals zu hören. Gastbeiträge kamen u.a. von Nate Dogg, Snoop Dogg und AMG, mit dem er sich wieder vertragen hatte. Unter dem Großteil der Quik-Kenner wird das Album trotz des etwas seltsamen Covers heute als Meisterwerk gehandelt.

In der Zwischenzeit war Profile von Arista Records aufgekauft worden. Doch als Clive Davis, Arista-Gründer und Quiks Ansprechpartner, entlassen wurde und Quik mit der Firmenpolitik von dessen Nachfolger L.A. Reid unzufrieden war, wollte er seine Zusammenarbeit mit dem Label beenden. Dies wurde von Arista zwar akzeptiert – zuvor hatte Quik allerdings noch ein Album für das Label zu machen. Um aus dem Vertrag herauszukommen, machte Quik sich etwas widerwillig an die Arbeit und produzierte einen Tonträger, bei dem er sich bewusst keine große Mühe gab, den er selbst nicht besonders mochte und der sich nicht sehr gut verkaufte: »Balance & Options« von 2000. So viel zeitgenössischen R&B, so viel Pop hatte man auf einem DJ Quik-Album noch nicht gehört. Glücklicherweise nur kurze Zeit war Quik sich nicht ganz im Klaren darüber, ob es dieser Weg war, den er zukünftig einschlagen wollte, oder ob er weiter auf seinen spezifischen Sound setzen sollte.

Diese Identitätskrise um die Jahrtausendwende wurde von einem weiteren Schicksalsschlag begleitet: Quiks Freund und Protegé Mausberg, ein vielversprechender junger CPT-Streetrapper, wurde kurz nach Release von »Balance & Options« in den Straßen von Compton ausgeraubt und erschossen. Quik hatte Mausberg, der vielen als das nächste große Ding der Westside galt, 1997 kennen gelernt und seitdem eng mit ihm zusammengearbeitet. Zum Zeitpunkt seiner Ermordung stand -Mausbergs von Quik produziertes Debütalbum unmittelbar vor der Fertigstellung; es musste posthum veröffentlicht werden. Quik war logischerweise völlig verstört, trank zu viel, verfiel in Depressionen und quälte sich mit Suizidgedanken. Er machte von sich reden, indem er auf sich auf Konzerten mit diversen Leuten anlegte; Aufmerksamkeit zog er außerdem durch eine Rangelei mit der Polizei auf den Source Awards 2000 auf sich. Zu allem Überfluss baute er auch noch einen Motorradunfall und landete im Krankenhaus.

Doch wie immer rappelte DJ Quik sich schließlich wieder auf. 2001 fertigte er erneut einige Produktionen für Death Row Records an – Suge Knight versuchte zu dieser Zeit letztlich erfolglos, Quik als Haus-und-Hof-Produzenten für sein Label, das seine besten Zeiten längst hinter sich hatte, zu gewinnen. Das sechste Quik-Album »Under Tha Influence« erschien dann 2002 bei dem kleinen Indie-Label Bungalo Records und wartete durchaus überraschend mit Features von Talib Kweli und Pharoahe Monch auf. Leider konnte Quik seine musikalische und kommerzielle Durststrecke mit dieser Platte nicht wirklich überwinden. Auch wenn er mit »Addictive« von Truth Hurts und Rakim gerade eine Hit-Single produziert hatte, wollte DJ Quik seine Rap-Karriere endgültig an den Nagel hängen. Die Ende 2002 veröffentlichte Best-of-Compilation »Da Finale« wurde als sein letztes Album angekündigt.

Aber wie das so ist, wenn Rapper das Ende ihrer Karriere ankündigen, kam Quik natürlich bald zurück. Für Jay-Zs »Black Album« steuerte er 2003 den unfassbaren Beat von »Justify My Thug« bei. Ebenfalls war er wieder als Ghost-Producer, der nicht in den Credits auftaucht, tätig, diesmal bei Aftermath: Die Drums von Fiftys großem, von Dre produzierten Durchbruch »In Da Club« stammen dem Vernehmen nach von DJ Quik. Weiterhin half er bei der Produktion von Eminems 2004er »Encore«-Release. 2005 war er zudem ganz bescheiden 
Tour-DJ des damaligen Newcomers The Game.

Bereits 2003 war Quik nach New York übergesiedelt, wo er für drei Jahre in einem Apartment in Manhattan lebte. In NYC arbeitete er an einem neuen Album, das 2005 als »Trauma« auf seinem neu gegründeten und endlich eigenen Label Mad Science Recordings erschien. Unmittelbar zuvor hatte Quik bereits einige Erfahrungen im Label-Business sammeln können, als er zeitweise eine Position als A&R bei Warner Brothers innehatte. »Trauma« jedenfalls, dessen Titel eindeutig auf die vielen Tiefschläge der letzten Jahre und seine damit verbundenen psychischen Probleme anspielte, wurde von den Fans und der Presse gleichermaßen gefeiert. Vergessen waren die zwei eher mittelmäßigen Vorgängeralben; es schien, als erlebte Quik einen zweiten Frühling. Auch er selbst, der nun eindrucksvoll unter Beweis gestellt hatte, dass er auch mit Mitte 30 problemlos in der Lage war, seine Rap- und Producing-Skills auf ein neues, zeitgemäßes Level zu heben, war von der LP derartig überzeugt, dass er zum ersten Mal in seiner Karriere von einem seiner Alben eine Instrumental-Version veröffentlichte. Der Neuanfang war rundum geglückt.

Aber wie es offenbar die traurige Regel seines Lebens ist, kam es bald zu neuen Schwierigkeiten. Nach einem Rechtsstreit mit seiner Familie musste Quik zwischen Juni und Oktober 2006 eine fünfmonatige Haftstrafe absitzen, da er bereits 2003 seine Schwester mit einer Schusswaffe bedroht und geschlagen hatte. Quik ließ dazu -verlauten, dass seine Schwester -schizophren sei und ihn mehrfach bestohlen habe; schließlich habe sie gemeinsam mit seinen Neffen den Plan ausgeheckt, seine Töchter zu -kidnappen, um eine Viertelmillion Dollar von ihm zu erpressen. Daraufhin sei er eben ausgerastet, habe sich eine 45er -geschnappt und seine Schwester aufgesucht. Die Zeit hinter Gittern konnte Quik auch nicht -sonderlich beeindrucken; er verbrachte die Zeit mit Yoga und sagte später, dass Gefängnis überbewertet sei. Direkt nach seiner Entlassung gründete der Workaholic gemeinsam mit AMG eine Band namens The Fixxers. Ein Album namens »Midnight Life« wurde zwar schnell angekündigt und ein Deal bei Interscope unterschrieben, doch 
der einzige offizielle Release der Gruppe blieb die Single »Can U Werk Wit Dat«. Das für Quik eher untypische, nach den Südstaaten klingende Album landete Ende 2007 illegal im Internet, die Gruppe zerbrach und Quik und AMG waren einmal mehr zerstritten.

Doch DJ Quik wäre nicht DJ Quik, wenn er sich nicht direkt in das nächste Projekt gestürzt hätte. So ging er mal wieder mit seinem alten Homie Snoop ins Studio, um gemeinsam mit Teddy Riley am »Ego Trippin’«-Album von 2008 zu arbeiten. Im Zuge dieser Produktion kam es zu zwei interessanten Entwicklungen: Zum einen lief die Zusammenarbeit zwischen Snoop, Quik und Riley so gut, dass die drei die Produzentengruppe QDT, die vor allem der Talentförderung dienen sollte, ins Leben riefen. Zum anderen enstand die Idee eines Kollaboalbums von Quik und Kurupt, da der Dogg Pound Gangsta während der Produktionsphase von »Ego Trippin’« oft anwesend war. Der Plan wurde realisiert und das Album erschien 2009 unter dem Titel »BlaQKout«. Es handelte sich allerdings nicht um die klassische Gangstarap-Platte, die viele von den beiden Westcoast-Veteranen erwartet hatten, sondern um ein eher experimentelles Werk. Quik zeigte sich sehr inspiriert, ließ seiner Kreativität freien Lauf und so flossen auch Dub- und Electro-Elemente in den sehr eigenen Sound des durchaus gelungenen Albums mit ein.

Produktiv wie eh und je, begann Quik kurz nach der Veröffentlichung von »BlaQKout« mit der Arbeit an seinem achten Soloalbum. Eigentlich hatte er ja im Gefängnis ein Buch über sein Leben schreiben wollen, doch – wer hätte das gedacht – mündete die Idee einer Autobiografie dann doch in einem musikalischen Projekt. »The Book Of David« erschien im April dieses Jahres. Es wurde das virtuose Spätwerk eines Ausnahmekünstlers und konnte die »Trauma«-Messlatte nicht nur spielend erreichen, sondern sogar noch ein kleines Stück höher legen. Textlich sehr persönlich geraten, verarbeitete Quik natürlich auch die Probleme mit seiner Schwester; musikalisch besann er sich, ohne sich selbst zu kopieren, auf seine Stärken. Quiksta legte eine fast samplefreie Produktion hin, die im Gegensatz zu »BlaQKout« wieder näher am klassisch smoothen Quik-Sound ist, allerdings eben auf dem neuesten Stand der Technik und ohne auch nur einen Hauch verstaubt zu wirken. Aus der aktuellen Rap-Landschaft, von der Quik sich zuletzt wenig begeistert zeigte, sticht sein kleiner Geniestreich jedenfalls deutlich hervor. Klar, dass auch dieses Album mal wieder zum Kritikerliebling avancierte, auch abseits der HipHop-Fachpresse erreichte Quik diesmal so viel Aufmerksamkeit wie nie zuvor und erntete durchgängig positive Resonanzen. Ein mehr als gelungenes 20. Jahr im Rap-Game also.

Text: Kolja Podkowik

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